Whitepaper für die Filmpostproduktion in Frankreich
14. April 2022, Kategorie:
News
Dies ist eine deutsche Übersetzung von 14 Vorschlägen zur Verbesserung der Zusammenarbeit in der Filmpostproduktion, die das Ergebnis von Beratungen mehrerer französicher Berufsvereinigungen sind. Auch wenn Frankreich eine weitaus größere Filmwirtschaft aufzuweisen hat und auch wenn nicht alle Punkte bis ins Detail mit der hiesigen Situation in Einklang zu bringen sind, so sind Arbeitsbedingungen und Herstellungsabläufe in beiden Ländern doch weitgehend vergleichbar. Die Berufsvereinigung Filmton Austria unterstützt daher die folgenden Vorschläge und setzt sich dafür ein sie umzusetzen.
Link zur französischen Originalversion: LMA_livre-blanc-de-la-post-production-cinema_2019
Link zur englischen Übersetzung: LMA white-paper-for-film-postproduction-in-france_2019
Link zum Französischen Schnittverband Les Monteurs associés – LMA
14 Vorschläge zur Verbesserung der Zusammenarbeit in der Filmpostproduktion
- Wir schlagen vor, den Gedanken der Teamarbeit wieder in den Mittelpunkt unserer Arbeitsweise zu stellen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen allen an der Postproduktion Beteiligten und der Regie ist eine unabdingbare Notwendigkeit und sie muss bereits vor Start der Dreharbeiten beginnen. Die Leitung der Postproduktion hat dafür zu sorgen, dass ein ständiger Austausch zwischen der Regie, den Verantwortlichen der verschiedenen Postproduktionsdepartments und der Schnittassistenz ermöglicht wird.
- Wir schlagen vor, ein eigenes, verbindliches Budget für die gesamte Postproduktion einzurichten. Den tatsächlich Verantwortlichen der Postproduktion müssen hierbei echte Entscheidungsbefugnisse übertragen werden.
- Wir fordern eine unbedingte Beibehaltung, bzw. die Wiedereinsetzung von Schnittassistenzen.
- Die Schnittassistenz stellt eine Schlüsselposition für Organisation und Kommunikation innerhalb der Filmpostproduktion dar und muss daher für die gesamte Dauer des Schnitts vollzeitbeschäftigt sein. Es muss alles getan werden um die Position der Schnittassistenz aufzuwerten. Foley-Künstler bitten außerdem darum, dass es auch wieder ermöglicht werden soll Foley-Assistenten zu Ausbildungszwecken mit zu beschäftigen.
- Wir schlagen vor, dass der Filmeditor, die Filmeditorin in jeder Phase der Herstellung eines Films, vom Schnitt bis zur Abnahme der Endkopie, involviert sein sollte, um eine effiziente Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Abteilungen zu gewährleisten.
- Wir fordern, dass die rasante Entwicklung unserer Postproduktionsberufe, ihre stark steigende Arbeitsbelastung und der Druck, dem sie ausgesetzt sind ausreichend berücksichtigt wird. Und zwar hinsichtlich der zur Verfügung gestellten Zeit, die für die Bearbeitung notwendig ist ebenso, wie bei der Bezahlung.
- Darüberhinaus muss die Ausstattung zur Verfügung gestellter Schnittplätze (Monitor, Tonanlage, Schalldämmung) zu jeder Zeit den Anforderungen, die sich aus der technischen Weiterentwicklung ergeben, entsprechen.
- Wir fordern, dass der wahre Wert der Tonbearbeitung im Hinblick auf ihre künstlerische und technische Komplexität endlich anerkannt wird. Tonmeistern muss daher ausreichend Zeit für ihre eigentliche Arbeit eingeräumt werden. Ebenso muss es Zeit für den Austausch mit der Regie, dem Schnitt und allen beteiligten Tondepartments (insbesondere für notwendige Arbeitssitzungen) geben.
- Wir fordern, dass der Dialogschnitt angesichts der wachsenden Verantwortung in diesem Bereich als eine Schlüsselfunktion anerkannt wird. Der Dialog-Editor muss konsultiert werden, um die Organisation und die für die erforderliche Arbeit erforderliche Zeit des Dialogschnitts besser einschätzen zu können. Er/sie muss während der Mischung anwesend sein.
- Wir fordern, dass die Anwesenheit des Dialog-Editors bei der Sprachsynchronisation als unabdingbar angesehen wird. Der Sounddesigner, die Sounddesignerin muss weiters die Möglichkeit erhalten, Nurtonaufnahmen zu begleiten, oder selbst durchzuführen. Dafür muss auch die Inanspruchnahme eines Boom-Operators gewährleistet sein. Ebenso ist es unerlässlich, dass die Nachsynchronisation nach dem Schnitt und vor der Mischung von der Regie abgenommen werden kann.
- Wir würden es begrüßen, wenn Geräuschemacher weniger isoliert arbeiten müssten. Die Anwesenheit von Regie, Redaktion, zumindest aber des verantwortlichen Soundeditors muss gegeben sein, um die gemeinsame Arbeit abzustimmen und/oder die Geräuschemacher bei ihren Recherchen zu begleiten. Die Anwesenheit eines Synchrontonmeisters, einer Synchrontonmeisterin ist ebenfalls zwingend erforderlich.
- Die Zukunft und das Know-how von Foley Artisten müssen geschützt werden. Wir fordern daher dringend eine Förderung für Assistenten von Geräuschemachern zu etablieren.
- Wir fordern, dass der Komponist der Originalmusik so früh wie möglich ausgewählt wird, damit alle – Filmemacher*in, Komponist*in, Editor*in, Sounddesigner*in und Mischtonmeister*in ausreichend Zeit haben sich auszutauschen. Zwischen der Ablieferung der finalen Musik und der Mischung sollte genügend Zeit für die Bearbeitung vorgesehen werden. Jede darüber hinaus gehende Musik muss so früh wie möglich verhandlet und einbezogen werden können.
- Wir fordern, dass es keine Mischung in Abwesenheit des Sounddesigners, der Sounddesignerin geben darf, und wir bitten Regisseure und Produzenten, ihre Tongestalter keinesfalls vom Studio auszuschließen, da sie in dieser Phase unersetzlich sind. Die Bedingungen für das Mischen – vor allem die vorgesehene Zeit, die Auswahl des Mischtonstudios und die Wahl des Mischtonmeisters, der Mischtonmeisterin müssen im Vorfeld ausreichend diskutiert werden. Wir schlagen vor, dass die Förderinstitutionen Mindestspezifikationen für Mischtonstudios entwirft, die von allen Postproduktionshäusern eingehalten werden müssen, in denen geförderte Filme fertig gestellt werden.
- Wir fordern, dass die pauschale Auslagerung der Tonnachbearbeitung von Filmproduktionen an Tonstudios zurück gedrängt wird, weil ansonsten der Niedergang einer gesamten Branche droht und viele freischafende Kreative ihre Arbeitsmöglichkeit verlieren würden. Wir erwarten uns, dass Sounddesigner*innen, Geräuschemacher*innen und Mischtonmeister*innen als kreative Führungskräfte eingestuft werden, damit ihnen in den Bewertungssystemen der Förderanstalten größeres Gewicht beigemessen wird. Produzenten und produzentinnen ersuchen wir dringendst, sich des Ernstes dieser Situation bewusst zu werden und den Beitrag dieser Berufe zu einem Film nicht nur in Bezug auf finanzielle Belange beurteilen.
- Wir fordern, die uneingeschränkte und verbindliche Anwendung aller die Filmpostproduktion betreffenden Kollektivverträge und anderer arbeitsgesetzlicher Bestimmungen.
- Wir fordern, dass der Kollektivvertrag für Filmschaffende verbessert und eine faire Behandlung von Postproduktionsberufen (vor allem im Mindestgagentarif) umgesetzt wird. Die Mindestlöhne von Editor*innen, Sounddesigner*innen und ihren Assistent*innen muss erhöht werden, um ihrer Qualifikation und ihren enormen Verantwortlichkeiten endlich Rechnung zu tragen. Auch die Schlechterstellung der Postproduktion hinsichtlich Verpflegung ist hier zu berücksichtigen.